Wir Menschen brauchen Feste, damit wir uns besser erinnern können.
Wir treten bald nach Weih-Nacht (der geweihten Nacht der Menschwerdung Gottes) ein in die grosse Glaubenszeit, die uns auf Ostern vorbereitet. Auf diesem Weg lassen wir uns von Jesus-Christus einladen, wie Abraham die alte Sicherheit zu verlassen und aufzubrechen zu neuen Ufern, an einen Ort, den Gott uns zeigt. „Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde.“ (Gen 12,1)
Wie Mose mit seinem aus ägyptischer Knechtschaft befreiten Volk lassen auch wir uns auf die Wüste ein, um zu uns selber zu finden, und in der Stille der Wüste auf Gottes Stimme zu hören.
Vor unserem Aufbruch in diese Wüsten- bzw. Selbstfindungszeit (Fastenzeit), werden wir uns nochmals der ungestümen Kräfte bewusst, welche uns als Versuchung die „Reiche der Welt“ vor Augen führen und uns vergessen lassen, dass all die Lebensfreude, welche sie uns vorgaukeln vorübergehend ist und einmal Asche werden muss. Dies ist die Fastnachtszeit, die „Nächte“ vor der Fastenzeit. In diesem Aufbäumen der vergänglichen Kräfte der Welt vor der Umkehr- und Besinnungszeit auf das Wesentliche lassen wir nochmals ausgiebig zu, dass sie sich austoben. Von dort her hat der Rosenmontag seinen Namen „Rasend Montag“.
Nun in der Fastenzeit geht es um die Umkehr und Abkehr von der rasenden Welt, welche nicht Erlösung und Leben bringen kann. Verhalten, das nichts mit Erlösung (vom Tod) zu tun hat. Deshalb ist uns in dieser Zeit das Sakrament der Versöhnung angeboten. Es geht darum, in uns zu gehen und das Unwesentliche in unserem Leben zu benennen und zu schauen, wo Umkehr heilsam ist. Wenn wir das, was uns fesselt und bedrückt kennen und benennen, dann befreit uns Gott von den Ketten und Fesseln und zeigt uns den geraden Weg zum Heil. „Sieh her, ob ich auf dem Weg bin, der dich kränkt, und leite mich auf dem altbewährten Weg!“ (Psalm 139,24)
Unser Weg geht oft durch die Nacht des Lebens hindurch. Doch als Christen wissen wir: Nach jeder Nacht kommt der Tag. Das Osterfeuer entzünden wir ja auch in der Nacht, wenn es noch dunkel ist. Doch der Ostermorgen leuchtet uns schon im lodernden Feuer entgegen und lässt uns erahnen wie hell der Tag werden wird, wenn wir die Nacht überwunden haben.
„Wenn die Finsternis immer finsterer wird
und die Nacht uns zu verschlingen droht,
wollen wir dessen eingedenk sein,
dass Ostern anbrach, als es Nacht war.“
Umkehr
Beim Blick in unseren Seelenspiegel gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die erste ist die Betrachtung der 10 Gebote. Es besteht aber die Gefahr, dass wir in der Beachtung der Gebote den Pharisäern gleichen; dann nämlich, wenn wir glauben, wir hätten unsere Pflicht getan, wenn wir den Buchstaben des Gesetzes erfüllt haben. Das ist immer dann der Fall, wenn wir von Pflicht sprechen: Sonntags-Pflicht, Fasten-Pflicht etc. Erinnern wir uns daran, dass Jesus in der Bergpredigt die Gebote noch verschärft hat in seinen Antithesen: "Ihr habt gehört, dass Euch gesagt worden ist..., ich aber sage Euch." Jesus will nicht, dass wir auf der Erfüllung blosser Gesetze ausruhen, sondern er will, dass wir uns mit dem Sinn unseres Tuns tiefer auseinandersetzen und nach unserer Fähigkeit wenn nötig auch mehr tun, als verlangt ist.
Zweitens schenkt uns das Matthäus-Evangelium (Mt 7,12) neben den 10 Geboten die Goldene Regel des Lebens. Auch sie können wir bei unserer Gewissenserforschung als Massstab nehmen. Sie lautet:
„Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen“, oder anders ausgedrückt: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem andern zu“, oder nochmals in anderen Worten: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Drittens können wir uns bei der Gewissens-Erforschung untrüglich auf die Stimme unseres Gewissens verlassen. Diese Stimme, es ist die Stimme unserer Seele, begleitet uns durch das Leben und irrt sich nie. Das Schlechte Gewissen ist der Hilferuf unserer Seele, wenn sie von Schuld bedroht wird. Eine Umkehr ist dann dringend nötig. Im Guten Gewissen drückt die Seele ihr Wohlbefinden aus. Nicht umsonst sagt ein Sprichwort: "Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen."
Und schlussendlich, wenn uns all das zu kompliziert ist, müssen wir uns einfach bewusst sein, dass nach dem wichtigsten Gebot der Christen drei Dinge unser Leben gelingen lassen: Gottesliebe, Selbstliebe, Nächstenliebe.
"Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken und deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst." Mt 22,37-39
Wir sollen uns in der Besinnung auf unser Leben also fragen: Haben wir geliebt?
Oder zu guter Letzt ist mir das Wort von Augustinus sehr nahe:
"Liebe, und tu was du willst!" (Augustinus)